Hallo zusammen,
einige von euch kennen Banister bestimmt schon aus dem 1. Teil Schradak Nahks und haben ihn vielleicht auch schätzen gelernt, obwohl er einer der weniger noblen Charaktere der Geschichte ist. Er ist ein Überlebenskünstler, der in den Unbilden des Krieges versucht, nicht nur zu überleben, sondern auch keine Chance außer Acht lässt, zu Reichtum zu gelangen.
Er ist Varikana mit imposantem schwarzem Schnurrbart und krausem Haar, Ende 30, ausgesprochen hager und mit vom Leben gezeichneten Augen. Banister ist des Arbeitens müde, obgleich andere sagen würden, er war einfach nur müde und das auf keinen Fall vom Arbeiten.
Als das jüngste von zehn Kindern wuchs er in dem Dorf Capital im Süden Pinitas auf. Sein Vater war Maurer und Alkoholiker, wobei er letzterer Berufung mit mehr Hingabe nachging. Seine Mutter, darum bemüht, zehn Blagen durchzufüttern, vergaß Banister auf dem Marktplatz in Pinita, als er zwölf war. Sie hetzte gestresst nach Hause, um das Abendbrot vorzubereiten: Wein an Bier für den Vater und einen Eintopf für den Rest der Bande.
Zwei Tage später, als sie für die Wochenverpflegung des Clans durchzählte, bemerkte sie, dass Banister verschwunden war. Sie vermutete, er war weggelaufen, um allein sein Glück zu finden, und beschloss nach kurzer aber gründlicher Abwägung, dass er die Mühe des Suchens nicht wert war.
Für die Straßenkinder Pinitas gab es viele Risiken. Eines war, als Droginder zu enden. Banister entging diesem Schicksal, da er es wie kein Zweiter verstand, die Leute zu belügen und zu täuschen. Ein Jahr lang lebte er zum Beispiel als Sohn eines blinden Musikers, der seinen leiblichen Sohn von der Erntearbeit zurückerwartet hatte. Der war aber bei einem Wirbelsturm über der Kogas-Enge ums Leben gekommen.
Banister war nach zwei Jahren auf der Straße an die Prostituierte Calina geraten. Eine hübsche, junge Frau, die aus dem Kapital schlug, was sie hatte, und so die Verlegenheit vermied, sich um ehrliche Arbeit sorgen zu müssen. Denn während sie sich auf ihren Kunden abarbeitete, lauerte er unter ihrem Bett und bestahl eben jene. Dort einen Ring. Hier einen Taler. Nie zu viel, aber auch nie zu wenig. Und sie alle verdächtigten nicht Calina, da sie ja genau wussten, wo diese war, während sie sie besuchten. Niemand vermutete Banister unter dem Bett. Niemand sah ihn. Er war unsichtbar.
Oder wertlos, wie seine Mutter über ihn dachte.
Ins Bett von Calina schaffte er es nie. Ohnehin war ihm weder die körperliche noch die geistige Liebe bis dato vergönnt gewesen.
Als Calina von einem ihrer Freier einen Antrag zum Lebensbund erhielt, setzte sie ihn vor die Tür. Er war nun 18 Jahre alt und hätte sich zur Garde oder zum Heer melden können. Aber das viele Marschieren und die schwere Rüstung …
Die grobe Profession seines Vaters lag ihm ebenso wenig. Arbeiten war nie sein Ding gewesen. Er wurde einfach nicht warm mit der Idee, sein Leben lang zu buckeln und doch nicht alles zu haben, was er wollte.
Banister wollte alles sofort und umsonst.
Das Schicksal hasste ihn darum besonders und nahm ihn allzu gern aufs Korn. Zuletzt in Ponklor, der Stadt, in der das Abenteuer Schradak Nahk startet.
Seine Geschichten finden sich im 1. Teil hinter Kapitel 1-4, 9 und 10 in Form von Kurzgeschichten.
In den weiteren Büchern setze ich seine Geschichte fort.
Hier gibt es den ersten Teil, damit ihr einen Eindruck von unserem werten Freund Banister bekommt:
Banister setzte die Flasche vom Mund ab und stellte sie neben sich auf den Boden. Einige Regentropfen gelangten ab und zu durch das Blätterdach der großen schwarzen Eiche, unter der er sich gebettet hatte, und so war das Papier des Ponklorer Blattes an einigen Stellen durchgeweicht.
Die Eiche war der größte Baum im Stadtpark von Ponklor und bot so nicht nur Schutz vor den häufigen Regengüssen, sondern verlieh auch einen gewissen Status, sollte man sich darunter zum Schlafen legen. Es zeigte neuen Straßenbewohnern, dass Banister hier das Sagen hatte und sie sich nur mit ihm anlegen sollten, wenn sie sich ihrer Sache auch sicher waren. Wenn nicht, mussten sie eben wie die anderen Bettler unter einer der Bänke, in einem der Verschlage oder dicht an den säuberlich gepflanzten Hecken des Parks schlafen.
Ja, dachte Banister, legt euch nicht mit mir an, keiner von euch. Für die Blauhemden, die Garde Ponklors, galt dies leider nicht, dachte er weiter und richtete sich auf. Er hatte wohl kaum richtig gelesen.
Vielmehr vernebelte ihm der viele Wein der vergangenen Nacht – und der des vorherigen Tages – die Sinne und die schummrige Dunkelheit verhinderte zusätzlich, dass er die Buchstaben richtig entzifferte.
Er hatte schließlich völligen Unsinn gelesen. Zu verbieten, worunter sich die Penner zum Wärmen zusammenkauern sollten – sie waren hier schließlich nicht in Pinita.
»Ne!«, schrie er, obgleich er sich dessen nicht vollkommen bewusst war. »Wir sind hier ja nich‘ in Pinita!«
»Halts Maul!«, pöbelte eine raue, verrauchte Stimme zurück und Banister, bei seinem Pegel nicht imstande, den Schreihals zu verprügeln, wie es sich geziemte, blieb liegen und winkte mit einer trunkenen Bewegung ab. Dann breitete er das aktuelle Ponklorer Blatt über sich aus.
Die Schlagzeile prangte in fetten schwarzen Lettern von seinem Gesicht. Auch noch, als der Morgen graute und die ersten Gardisten ihre Runden zu drehen begannen.